nfb-regional 2019 in Mainz: Beratung in einer Gesellschaft im Wandel

Über 70 Berater*innen und Vertreter*innen von Beratungsverbänden waren am 14. November 2019 nach Mainz zu einem Workshop-Tag gekommen, den das Nationale Forum Beratung in Bildung, Beruf und Beschäftigung (nfb) in Kooperation mit dem Zentrum für wissenschaftliche Weiterbildung (ZWW) der Johannes Gutenberg-Universität Mainz veranstaltet hat. Der Tag stand unter dem Thema „Beratung in einer Gesellschaft im Wandel“.

Nachdem in den Jahren zuvor der Fokus auf der Digitalisierung (München) und der Weiterbildungsberatung (Halle) lag, ging es in diesem Jahr um die Frage, wie Bildungs- und berufsbezogene Beratung sich unter den gegenwärtigen gesellschaftlichen Transformationsprozessen weiterentwickelt. Zu Wort kamen Vertreter*innen aus Wissenschaft und Praxis.
Prof. Dr. Wiltrud Gieseke, Humboldt-Universität zu Berlin, stellte Ergebnisse empirischer Beratungsforschung vor und fragte nach ihrer Relevanz für den professionellen Austausch innerhalb der Community. Prof. Dr. Jörg Fengler, Fengler-Institut für Angewandte Psychologie Köln-Bonn, beschäftigte sich mit Themen, Methoden und Praxismodellen einer „Beratung im Wandel“, überwiegend aus der Perspektive psychosozialer Beratung. „Das gecoachte Ich. Eine kritische Bestandsaufnahme“ war der provokative Titel des Vortrags von Dr. habil. Sebastian Lerch, Johannes Gutenberg-Universität Mainz, in dem er u.a. der Frage nachging, ob eine erfolgreiche Lebensbewältigung heutzutage ohne Beratung/Coaching überhaupt noch möglich erscheint.

Der geplante Beitrag von Susanne Rausch aus der Perspektive der freiberuflichen Karriereberatung musste leider kurzfristig entfallen. Das war schade, eröffnete aber Spielräume für eine breitere Diskussion im Plenum und eine Ausweitung der geplanten Podiumsdiskussion.

Hierzu waren Vertreter*innen von sechs Beratungsverbänden eingeladen darzulegen, welches aus ihrer Sicht die aktuellen Herausforderungen für die BBB-Beratung sind und wie die Verbände darauf reagieren.

Rainer Thiel, Vorsitzender des Deutschen Verbandes für Bildungs- und Berufsberatung (dvb), dessen Mitglieder sich zur Hälfte aus Berater*innen der Bundesagentur für Arbeit (BA) und zum anderen Teil aus Bildungsberater*innen zusammensetzt, berichtete von den Herausforderungen durch das Qualifizierungschancengesetz: Dabei geht es einerseits darum, dass zukünftig lebens- und berufsbegleitende Berufsberatung für alle Beschäftigten auch von der BA angeboten werden soll; andererseits muss der Verband auf die Ängste von Mitgliedern reagieren, die nicht bei der BA beschäftigt sind und fürchten, an den Rand gedrängt zu werden.

Dr. Annette Mulkau, stellvertretende Geschäftsführerin der deutschen Gesellschaft für Supervision und Coaching (DGSv) und Angela Keil, Vorstandsmitglied im Berufsverband für Beratung, Pädagogik & Psychotherapie (BVPPT), sahen das eher gelassen und stellten die Anstrengungen ihrer Verbände zur Sicherung der Qualität und Professionalität ihrer Mitglieder vor. Dabei machten Sie nochmal sehr deutlich, wie wichtig verbindliche Standards für gute Beratung sind.

Dr. Hans Groffebert, Vertreter der Deutschen Gesellschaft für Karriereberatung (DGfK) sah in der neuen Gesetzeslage und dem erweiterten Tätigkeitsfeld der BA ebenfalls keine Gefahr für die freiberuflich tätigen Karriereberaterinnen und -berater- zumal man vor Ort durchaus in einem guten Kontakt mit den Arbeitsagenturen stehe. Ein besonderer Fokus ihrer Beratungstätigkeit liege auf der Karriereberatung von älteren Beschäftigten (50+), in der Outplacement Beratung und in der Beratung behinderter Menschen.

Beate Lipps, Leiterin der Zentralen Studienberatung der JGU Mainz und Mitglied des erweiterten Vorstandes der Gesellschaft für Information, Beratung und Therapie an Hochschulen (GIBeT) machte auf die Herausforderungen der Studienberatungen aufmerksam, die mit Stellenkürzungen, befristeten Beschäftigungsverhältnissen und einem immer komplexer werdenden Aufgabenfeld zu tun haben.

Prof. Dr. Frank Nestmann, TU Dresden und Vertreter der Deutschen Gesellschaft für Verhaltenstherapie (DGVT) mahnte an, neue Impulse aus der Wissenschaft aufzunehmen und deren Relevanz für neue Beratungskonzepte zu diskutieren und sich dabei vor allem auch den Anforderungen der Digitalisierung zu stellen.

Alle Podiumsteilnehmenden betonten die Notwendigkeit einer besseren Kooperation und Vernetzung in der Beratungslandschaft, um die Anforderungen der anstehenden Transformationsprozesse bewältigen zu können. Dies war auch der eindringliche Wunsch, den der Präsident der Internationalen Vereinigung für Bildungs- und Berufsberatung (IAEVG), Dr. Gert van Brussel, in seiner per Video übersandten Grußbotschaft zu Beginn der Veranstaltung an das nfb und seine Mitgliedsverbände übermittelte.

Das Programm finden Sie hier.

Die Präsentationen stehen online zu Ihrer Verfügung:

Barbara Lampe, Vorsitzende des Nationalen Forum Beratung in Bildung, Beruf und Beschäftigung (nfb) Begrüßung und Einführung

Prof. Dr. Jörg Fengler; Fengler-Institut für Angewandte Psychologie Köln-Bonn
Beratung im Wandel: Themen, Methoden und Praxismodelle

Prof. Dr. Wiltrud Gieseke, Seniorprofessorin, Humboldt Universität zu Berlin
Die Relevanz empirischer Beratungsforschung für den professionellen Austausch

Dr. habil. Sebastian Lerch, Junior-Professur für Lebenslanges Lernen, JGU
Das gecoachte Ich. Eine kritische Bestandsaufnahme